Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Regierungsvorlage


Zu Gesetz: BGBl Nr. 57/1955
Materialtyp:Regierungsvorlage
Nachweis:GP VII, Beilagen-Nr. 461
Dokument im Original

Der vorliegende Gesetzesentwurf gewährt allen Personen Strafnachsicht, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zu einer Freiheits-, Geld- oder einer Freiheits- und Geldstrafe von nicht mehr als zwei Monaten verurteilt worden sind, sofern die Strafe noch nicht vollstreckt worden ist. Für Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafen, deren Strafmaß ein Jahr nicht übersteigen, wird darüber hinaus Rechtsfolgennachsicht gewährt, wenn die Strafen bereits verbüßt oder nachgesehen worden sind. Sowohl für die Straf- als auch für die Rechtsfolgennachsicht sind Verbrechen wie Schändung, „Unzucht wieder die Natur mit Personen desselben Geschlechtes“ (zwischen einer volljährigen und einer minderjährigen Person), Verführung zu Unzucht und Kuppelei von der Amnestie ausgenommen. Die Amnestie wird – nach dem Vorbild der Amnestie 1928 – aus Anlass der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Österreichs zehn Jahre zuvor gewährt. Im Unterschied zum Amnestiegesetz von 1950, das der demoralisierenden Situation in den ersten Monaten und Jahren nach Kriegsende Rechnung tragen sollte und deshalb weitreichender angelegt gewesen ist, wird im vorliegenden Gesetzesentwurf die Einstellung von Strafverfahren und die Tilgung von Verurteilungen ausgeschlossen.