Protokoll
Zu Gesetz: | BGBl Nr. 180/1952 |
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Zu Ausschussbericht: | Bericht und Antrag des Ausschusses für soziale Verwaltung |
Nachweis: | GP VI, SNr. 97 |
Datum: | 18.07.1952 |
S. 3843ff. Berichterstatter Abg. Karl Mark (SPÖ) beschreibt die Geschichte der Fürsorge- und Entschädigungsmaßnamen für die Opfer des Faschismus, über die spätestens seit 1949 im österreichischen Parlament diskutiert wird. Man habe sich nun entschlossen, die Frage der Haftentschädigung im Rahmen des OFG zu regeln, die Frage der Beamtenentschädigung jedoch außerhalb desselben. Die Frist für die Einbringung von Anträgen auf Ausstellung einer Amtsbescheinigung bzw. eines Opferausweises wird auf den 31.12.1952 verlängert, Anträge auf Haftentschädigung hingegen (die nur Inhabern einer Amtsbescheinigung oder eines Opferausweises und nur einmalig – und zwar in der Höhe der 70-prozentigen Unterhaltsrente für so viele Monate als der Geschädigte in Haft gewesen ist – gewährt wird) können bis September 1953 geltend gemacht werden. Mark drückt die Hoffnung aus, dass der Entwurf „einen wertvollen Schritt zu einer Befriedung Österreichs darstellt, daß er die Möglichkeit eröffnet, Wunden zu schließen“ (S. 3846). Verbal beziehen sich in der nachfolgenden langen Debatte alle auf diese Befriedungsabsicht, sie rechnen jedoch verschiedene geschädigte Gruppen gegeneinander auf. Abg. Viktor Reimann (WdU) wäre nicht gegen das OFG, würden die Begünstigungen für Menschen erfolgen, die diese wirklich benötigten. Mit der Haftentschädigung aber werde politische Haft zu einem Geschäft degradiert. Er hält es außerdem für ungerecht, dass Kommunisten, nicht aber Nationalsozialisten für ihre in der Zeit von 1933 bis 1938 erlittenen Schäden entschädigt werden. Es hätten ja 1938 viele Österreicher den Nationalsozialismus begrüßt, die meisten waren irregeleitet, man dürfe sie nicht pauschal verurteilen. Abg. Viktor Elser (LB) spricht sich gegen jede Junktimierung der Forderungen der Opfer des Faschismus und des Abbaus der NS-Gesetzgebung aus. Die 7. Novelle sei nicht der gewünschte Schlussstrich unter die Forderungen der politisch Verfolgten. Sein Entschließungsantrag auf Schaffung eines umfassenden Entschädigungsgesetzes findet nicht die nötige Unterstützung (S. 3854). Weitere Redner in der Debatte, von der wiederholt gesagt wird, dass sie keine gewöhnliche Geschäftssitzung sei, sondern historischen Charakter habe, sind Abg. Edmund Holzfeind (SPÖ), Anton Frisch (ÖVP) – auch er sieht in den beiden gemeinsam verhandelten Gesetzen eine „Befriedungsaktion“ (S. 3858) und einen Schlussstrich, weiß aber, dass die Gesetze unpopulär (und teuer) sind, dass sich die Bevölkerung in einzelnen Interessengemeinschaften aufgespalten hat, die einander mit Hassgefühlen begegnen und jeweils materielle Vorteile anstreben –, Abg. Rosa Jochmann (SPÖ), die Reimann leidenschaftlich widerspricht und die Leiden im KZ schildert, und Abg. Ernst Strachwitz (ohne Klubzugehörigkeit, vorher ÖVP), der ein Entschädigungsgesetz für Heimkehrer fordert und Jochmann vorwirft, die Vergangenheit nicht loslassen zu können.