Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 195/1960
Zu Ausschussbericht:
Nachweis:GP IX, SNr. 37
Datum:12.07.1960
Protokoll im Original

S. 1477ff. Der Ausschussbericht wird gemeinsam mit einer zweiten – ebenfalls einen Vertrag mit dem Heiligen Stuhl betreffenden – Materie verhandelt (Erhebung der Apostolischen Administratur Burgenland zu einer Diözese). Die Abgeordneten liefern bisweilen lange historische Exkurse. Abg. Willfried Gredler (FPÖ) lehnt im Namen seiner Fraktion beide Verträge ab, weil sie beide das „Dollfuß-Konkordat“ (S. 1481), über dessen Gültigkeit angesichts der Tatsache seines eventuell nicht verfassungsmäßigen Zustandekommens man streiten könne, ausdrücklich anerkennen. Außerdem ist Gredler der Meinung, dass für so viele andere Notleidenden (er nennt Bomben-, Besatzungs- und Rückstellungsgeschädigte sowie Heimkehrer) noch nichts geschehen sei, und so viele andere wichtige Gesetzesmaterien noch auf ihre Behandlung warten. Abg. Max Neugebauer (SPÖ) plädiert dafür, die Leistung, die dieser Vertrag darstellt, nicht klein zu reden. Auch er geht auf das von der autoritären Regierung ausgehandelte Konkordat der 1930er Jahre ein, spricht ihm aber Rechtmäßigkeit zu. Auf Basis des heute unverkrampfteren Verhältnisses zwischen katholischer Kirche und Sozialdemokratie seien in Österreich schon einige Fragen (Schulkreuzfrage, usw.) geregelt worden. Die Sozialdemokratie würde eine wirkliche parteipolitische Neutralität der katholischen Kirche begrüßen. Man solle Kämpfe der Ersten Republik nicht wieder aufleben lassen und brauche eine Reform des Schulwesens. Abg. Ludwig Weiß (ÖVP) zitiert das nur drei Tage nach Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955 herausgebrachte Weißbuch der katholischen Kirche, in dem die vier wesentlichen noch zu regelnden Fragen im Verhältnis der Kirche zum Staat ausgeführt sind (Vermögensfrage, Regelung der Gültigkeit des Konkordats von 1933, Schulfrage und Eherecht) und bedauert, dass es fünf Jahre gedauert hat, um hier eine Lösung in einem ersten Punkt zu finden. Er betont, dass die Kirche nicht darauf bestanden habe, dass in vermögensrechtlicher Hinsicht der Zustand von 1938 wieder hergestellt werde. Weiß ist der Meinung, dass mit der Ratifizierung des Vertrags in Österreich das josephinische Staatskirchentum überwunden worden sei. Trotzdem stünde nun, nach der Regelung der vermögensrechtlichen Fragen, noch die Regelung zweier Probleme aus: die Regelung der Schulfrage (Subventionierung der katholischen Privatschulen) und das Eherecht. Abg. Franz Strobl (ÖVP) drückt seine Freude über die beiden Verträge aus, spricht aber als Burgenländer vor allem über jenen Vertrag, durch den die Diözese Burgenland geschaffen wird.