Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 180/1963
Zu Ausschussbericht:Bericht des Justizausschusses
Nachweis:GP X, SNr. 22
Datum:10.07.1963
Protokoll im Original

S. 1120ff. Abg. Otto Winter (SPÖ) hält fest, dass es bei dem vorliegenden Gesetz „um die Schließung einer Lücke, um ein Gebot der Gerechtigkeit“ (S. 1120) gehe. Abg. Willfried Gredler (FPÖ) begründet für seine Partei die Ablehnung des Entwurfs. Zum einen halte die FPÖ die lange zurückliegenden Verbrechen anfällig für falsche, weil nicht mehr korrekt erinnerte Zeugenaussagen. Zum anderen sei es nach demokratischen, verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten problematisch, ein Verbrechen, das aus bestimmten politischen Motiven begangen worden ist, anders zu behandeln als eines, das nicht in einem politischen Zusammenhang steht. Außerdem dürften die aus anderen – nicht nationalsozialistischen – politischen Motiven heraus begangenen Verbrechen nicht vergessen werden. Justizminister Christian Broda (SPÖ) gibt eine Replik auf den Gredlers Beitrag. Er betont darin, dass die von Gredler erwähnten Verbrechen der „anderen Seite“ – im Gegensatz zu den nationalsozialistisch motivierten Verbrechen, die das vorliegende Gesetz adressiert – ja nach 1945 geschehen sind und deren Verfolgung damit ohne Hindernis möglich ist. Broda verteidigt das Gesetz außerdem als absolut dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend, da die zwanzigjährige Verjährungszeit für alle Verbrechen in gleicher Weise gelten soll: „Es soll ein Täter, der damals unter dem Nationalsozialismus aus diesen pseudopolitischen Gründen schwerste Blutschuld auf sich geladen hat, nicht in die Vergünstigungen der Tatsache kommen, daß bis 1945 seine Verbrechen naturgemäß nicht verfolgt worden sind beziehungsweise praktisch nicht verfolgbar waren“ (S. 1126). Abschließend wird der Entwurf mit Mehrheit angenommen.