Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl I Nr. 89/2005
Zu Ausschussbericht:Bericht des Familienausschusses
Nachweis:GP XXII, SNr. 116
Datum:07.07.2005
Protokoll im Original

S. 143ff. Der Ausschussbericht wird gemeinsam mit anderen Materien – unter anderem der Schaffung einer Befreiungs-Erinnerungszuwendung für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung („Anerkennungsgesetz“) und dem Antrag auf ein Bundesgesetz zur Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz – behandelt. Ein von Abg. Terezija Stoisits (Grüne) eingebrachter Abänderungsantrag lehnt die Vorgangsweise ab, „dass augenscheinlich als Voraussetzung […] für das Anerkennungsgesetz die gleichzeitige Erlassung eines Bundesgesetzes, mit dem eine einmalige Zuwendung für Frauen als Anerkennung für ihre besonderen Leistungen beim Wiederaufbau der Republik Österreich geschaffen wird“ (S. 147), notwendig sei. Diese „Zusammenwürfelung verschiedener Opfergruppen in einem ‚NS-Paket‘“ entspreche der „adäquaten politischen Vergangenheitsbewältigung“ (S. 148) nicht. Der Antrag wird abgelehnt. Abg. Herbert Haupt (F) begrüßt die „erstmalig erfolgende Ausweitung auf die Trümmerfrauen“ (S. 152) und verwendet damit in der Debatte den Begriff „Trümmerfrauen“ zum ersten Mal. Auch Abg. Elke Achleitner (F) begrüßt, dass „all jene stille Heldinnen […] auf Initiative der Sozialministerin Ursula Haubner ein symbolisches Dankeschön […] erhalten“ (S. 159). Sie versteht – wie andere Rednerinnen derselben Fraktion nach ihr – nicht, wie man gegen dieses Gesetz sein könne, und löst eine Kontroverse aus, indem sie dem Präsidenten des Pensionistenverbandes Karl Blecha (SPÖ) unterstellt, die Zuwendung an die „Trümmerfrauen“ als Geldverschwendung bezeichnet zu haben. Abg. Ulrike Lunacek erläutert, dass die Grünen den Entwurf ablehnen, weil es nicht um alle Frauen, sondern nur um Mütter geht – es sei eigentlich ein „Trümmermüttergesetz“ (S. 164) –, weil jene, die gemäß Verbotsgesetz als Nationalsozialistinnen registriert gewesen sind, nicht ausgeschlossen sind und nur Österreicherinnen anspruchsberechtigt sein sollen. Abg. Dietmar Keck (SPÖ) kritisiert die Kriterien des Gesetzes scharf: „Was heißt denn das für Frauen, die vielleicht in der Nazi-Zeit zwangssterilisiert worden sind? Was heißt denn das für Frauen, die aus anderen gesundheitlichen Gründen vielleicht kein Kind bekommen konnten? Was heißt denn das für Frauen, deren Männer im Krieg gefallen sind und die vielleicht aus diesem Grund kein Kind bekommen konnten?“ (S. 169). Außerdem würde das Geld aus dem Härtefonds genommen, und auf der anderen Seite erspare man sich eine Erhöhung der Mindestpensionen. Abg. Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) bringt einen Abänderungsantrag ein, nach dem das Gesetz alle Frauen erfassen solle (S. 171). Er wird abgelehnt. Die Abgeordneten der ÖVP rechtfertigen die Beschränkung der Auszahlung auf Mütter mit deren Doppelbelastung und verwehren sich gegen die im Ausschuss gefallene Bemerkung, es handle sich bei dem Gesetz um ein „fiskalische[s] Mutterkreuz“ (S. 177). Abg. Edeltraud Lentsch (ÖVP) bedankt sich bei der Sozialministerin „für diese Jahrhundert-Idee“ (S. 177).