Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 70/1948
Zu Ausschussbericht:Bericht des Hauptausschusses
Nachweis:GP V, SNr. 76
Datum:18.02.1948
Protokoll im Original

S. 2176ff. Berichterstatter Max Eibegger (SPÖ) hält fest, dass der Alliierte Rat eine Herausnahme von jugendlichen Personen aus den Sühnefolgen im Nationalsozialistengesetz 1947 verhindert hat und das Gesetz nur ein schwer errungener Kompromiss gewesen ist. Da auch momentan keine Zustimmung des Alliierten Rates zu einer Novellierung des Verbotsgesetzes zu erwarten sei, gibt es den vorliegenden Gesetzesentwurf. Wenn auch sicher noch nationalsozialistische Gesinnung unter den jungen Menschen vorhanden sei, funktioniere Bekehrung nicht über Strafen und Sühnefolgen, sondern über Erziehung zur Demokratie. Auch verweist Eibegger auf den sächsischen Landtag, wo ein Jahr zuvor ein ähnliches Gesetz erlassen worden ist. Abg. Ernst Fischer (KPÖ) befürwortet den Gesetzesentwurf, hält aber fest, dass die Bestrafung der tatsächlich Verantwortlichen und die Existenzsicherung für die Opfer damit einhergehen müsse. Dies sei bisher nicht geschehen, Kriegsheimkehrer und Opfer würden gegeneinander ausgespielt, die Nazifrage sei zur Klassenfrage geworden (S. 2181). Fischer beantragt die Entschließung, dass eine Novelle zum Nationalsozialistengesetz auf den Weg gebracht werden soll. Diese wird nicht genügend unterstützt, um zur Abstimmung zu gelangen. Abg. Rupert Zechtl (SPÖ) erwähnt großzügige Amnestien, die mittlerweile in Deutschland umgesetzt worden sind. Generell seien Österreicher in weiten Teilen gegen den Nationalsozialismus eingestellt gewesen, deshalb habe das NS-Regime zu Zwangssystemen wie im Fall der HJ greifen müssen: „Der Nationalsozialismus war in Österreich immer bloß ein Exportartikel Deutschlands, er war eben immer eine Angelegenheit des Zwanges, der aus Deutschland nach Österreich gebracht wurde“ (S. 2184f). An den Abg. Fischer adressiert: Man könne nicht alles auf einmal erreichen, da man den Alliierten Forderungen nur Stück für Stück abringen könne. Abg. Eduard Ludwig (ÖVP) betont die wirtschaftliche Bedeutung der Beendigung von Sühnefolgen und hält fest, dass dringend an die Alliierten Mächte appelliert werden müsse, das Verbotsgesetz 1947, vor allem wegen seiner großen wirtschaftspolitischen Schwächen, zu novellieren. Weitere Redner sind Abg. Leopold Zechner (SPÖ) und Abg. Josef Hans (ÖVP). Am Ende der hitzigen und von vielen Zwischenrufen unterbrochenen Debatte wird der Gesetzesentwurf einstimmig angenommen.