Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 166/1950
Zu Ausschussbericht:Bericht des Ausschusses für Verfassung und Verwaltungsreform
Nachweis:GP VI, SNr. 29
Datum:12.07.1950
Protokoll im Original

S. 1004ff. Abg. Helfried Pfeifer (WdU) kritisiert in seiner von zahlreichen Zwischenrufen unterbrochenen Rede die Regierungsvorlage, weil sie ein Anschlag auf die Unverletzlichkeit des Eigentums sei. Pfeifer plädiert für die Beibehaltung der bisherigen behelfsmäßigen Regelung, für behördlich aufgelöste Vereine unter Verweis auf das ABGB einen Kurator zu bestellen, der – weil er dem Gericht unterstellt ist – unabhängig agiert hat. Da es sich bei Vereinsvermögen um Gesellschaftsvermögen handelt, kommt die Entscheidung über dieses Vermögen (etwa die Verwendung für verwandte Zwecke) einer Konfiskation, also einer Vermögensentziehung, gleich. Eine solche Konfiskation „würde dem Gedanken der Kollektivschuld huldigen“ (S. 1006). Die Novelle, deren Anlass Pfeifer in den vielen, ohne stichhaltige Gründe vollzogenen Vereinsauflösungen nach 1945 sieht, würde zu neuen Rückstellungsgesetzen in der Zukunft führen. Abg. Karl Hartleb (WdU) nennt Abg. Ernst Fischer (LB) am launigen Beginn seiner Rede einen „Groteskproletarier“ (S. 1008) und berichtet von der eben durch die Presse gegangenen Auflösung des steirischen VdU – einer Auflösung, die mit der Verwendung nationaler Riten und Symbole (Kampflieder, Kornblume, schwarze Fahne) begründet, aber seiner Meinung nach ungerechtfertigter Weise vollzogen worden ist. Innenminister Oskar Helmer (SPÖ) verteidigt die Vereinsauflösung in seinem abschließenden Beitrag.