Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Regierungsvorlage


Zu Gesetz: BGBl Nr. 156/1946
Materialtyp:Regierungsvorlage
Nachweis:GP V, Beilagen-Nr. 139
Dokument im Original

Die Regierungsvorlage erläutert, dass schon im § 2 des Bundesgesetzes über die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften und sonstigen Rechtshandlungen, die während der deutschen Besetzung Österreichs erfolgt sind, festgelegt worden ist, dass, um „ein Chaos in den Eigentumsverhältnissen bezüglich solcher Vermögen zu vermeiden, die Art der Geltendmachung und der Umfang der Ansprüche“ (S. 2) bundesgesetzlich geregelt werden sollen. Die dadurch angekündigte Rückstellungsgesetzgebung solle stufenweise erfolgen. Das Material für die Gesetze wird zwar schon seit Monaten zusammengetragen, aber man könne an eine Regelung erst schreiten, wenn durch die Umsetzung der Anmeldungsverordnung ein Überblick entsteht, welche Rechtsverhältnisse eigentlich zu regeln sind. Die Anmeldungsverordnung habe den Alliierten Rat noch nicht passiert. „Um aber doch der Welt zu zeigen, daß seitens der Republik Österreich das, was möglich ist, getan wird“ (S. 2), soll jetzt schon die Möglichkeit geschaffen werden, entzogenes Vermögen, das im Eigentum der Republik Österreich ist, sofort zurückzustellen. Für dieses Vermögen muss man nämlich auf eine Anmeldung nicht warten. Es kann nur Vermögen sein, dass dem Deutschen Reich aufgrund der 11. Verordnung verfallen oder aufgrund eines Einziehungserkenntnisses zugefallen ist. Noch nicht geregelt ist die Rückstellung jenes Vermögens, dass erst nach 1945 an die Republik gefallen ist (Kriegsverbrechervermögen, Parteivermögen, zwischen 1933 und 1934 entzogenes Vermögen); an einem diesbezüglichen Gesetz werde aber gearbeitet. Auch die Rückstellung von Vermögen aufgelöster juristischer Personen muss separat geregelt werden. Ansprüche auf Rückstellung des vom 1. Rückstellungsgesetz erfassten Vermögens können die ursprünglichen Eigentümer und deren Erben erheben, letztere „aber nur in dem Ausmaße, in dem normalerweise noch das Gefühl des Zusammenhanges besteht“ (S. 3). Dadurch soll verhindert werden, dass „durch die bloße Tatsache der Vernichtung so zahlreicher Gegner des früheren Systems, nunmehr Personen Vermögen erhalten, die sie andernfalls nie erhalten hätten“ (S. 3). Solches Vermögen soll einer später einzurichtenden Auffangorganisation (einem Fonds) zukommen. Das BKA-Auswärtige Angelegenheiten hält das für eine diskriminierende Regelung (das sei sie aber nicht, auch von Kreisen der Betroffenen sei eine solche Vorgangsweise angeregt worden) und hält außerdem die einjährige Anmeldefrist für zu kurz (das sei sie nicht, außerdem plane man, wenn auch die übrigen Rückstellungsgesetze beschlossen sind, „einheitlich einen kalendermäßig fixierten Endtermin“ (S. 4) zu normieren). Da die Finanzlandesdirektionen die Akten und Geschäfte der Oberfinanzpräsidenten übernommen haben, sollen sie zweckmäßigerweise mit der Rückstellung nach dem 1. Rückstellungsgesetz betraut werden.