Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 182/1952
Zu Ausschussbericht:Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung
Nachweis:GP VI, SNr. 97
Datum:18.07.1952
Protokoll im Original

S. 3846ff. Das Beamtenentschädigungs- und das Beamtenentschädigungsverfassungsgesetz werden gemeinsam mit anderen Materien verhandelt. Abg. Viktor Reimann (WdU) sieht in den Gesetzen eine „derartige Begünstigung eines ganz kleinen Kreises der Bevölkerung […], daß künftighin jede politische Haft zu einem Geschäft degradiert wird“ (S. 3848). Er kritisiert, dass auch Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft Anspruch auf Entschädigung haben, und wirft den Emigranten „Geschäftstüchtigkeit“ (S. 3848) vor. Das Gesetz gehe über Fürsorge hinaus und verteile Geschenke, schaffe eine „Kaste von Privilegierten“, was den „Todeskeim für eine Demokratie“ (S. 3849) bedeute. Die in der NS-Zeit geschädigten Austrofaschisten entschädige man, die im Austrofaschismus geschädigten Nationalsozialisten nicht. Er kritisiert die Proteste der jüdischen Gemeinde und der KZ-Gemeinschaft am Belastetenamnestiegesetz: Sie würden nur Antisemitismus erzeugen. Er kritisiert Abg. Rosa Jochmann (SPÖ) – besonders als Frau – für ihren Ausspruch, dass sie den SS-Mann, der sie bewachte, mit eigenen Händen hätte erwürgen wollen. Abg. Viktor Elser (LB) will alte Wunden nicht aufreißen, hält es angesichts der Rede von Reimann aber für notwendig, das Erinnerungsvermögen wieder aufzufrischen. Seiner Meinung nach sei für ehemalige Nationalsozialisten zu viel, für die Opfer des Nationalsozialismus aber zu wenig getan und ausgegeben worden. Die aktuelle Debatte sei keine gewöhnliche, sondern habe innenpolitische Bedeutung. Abg. Edmund Holzfeind (SPÖ) spricht über „politische Ethik“ (S. 3855). Abg. Anton Frisch (ÖVP) spricht von der Problematik der inneren Befriedigung, von der Funktion der Beamtenschaft in einem Staat und ist sich bewusst, dass die Gesetze unpopulär sind. Er kritisiert, dass sich die einzelnen Interessengruppen „abgekapselt“ haben und die Bevölkerung dadurch „aufgespalten“ sei (S. 3859). Jochmann reagiert auf die Kritik Reimanns und spricht von den Grausamkeiten der NS-Zeit, ohne explizit auf die Beamtenentschädigungsgesetze einzugehen. Sie erhält „starke[n] anhaltende[n] Beifall“ (S. 3866) von SPÖ, ÖVP und Linksblock. Abg. Ernst Strachwitz (damals OK, später ÖVP) kritisiert seine Vorrednerin.