Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 109/1953
Zu Ausschussbericht:Bericht des Ausschusses für soziale Verwaltung
Nachweis:GP VII, SNr. 15
Datum:08.07.1953
Protokoll im Original

S. 405ff. Abg. Viktor Elser (VO) kritisiert in der Debatte neuerlich das OFG-Verfahrenssystem, es sei umständlich und die Behörden seien den 30.000 mittlerweile eingegangen Anträgen auf Haftentschädigung nicht gewachsen. Angesichts der zwischen Österreich und ausländischen Organisationen angebahnten Verhandlungen bezüglich herrenlosen Gutes betont Elser wiederum, dass – solange die Opfer noch nicht die volle Wiedergutmachung erhalten haben – kein herrenloses Gut ausgeliefert werden dürfe, zumal Österreich ja nicht Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches sei. Abg. Rosa Jochmann (SPÖ) urgiert ein abschließendes OFG und spricht für die KZler, wenn sie sagt: „Denn es ist unsere Tragik, daß wir immer, ob wir wollen oder nicht, mit dem großen Komplex der ehemaligen Nationalsozialisten verknüpft sind, genau so, wie wir gesetzlich in einer Front mit den Kriegsversehrten stehen“ (S. 411). Allerdings habe etwa der kriegsversehrte Abg. Max Herzele (WdU) nichts aus seiner Erfahrung gelernt und der Abg. Viktor Reimann (WdU) verspotte Jochmann und ihre Tränen, während sie sich durchaus über die Ankündigung freue, dass nun 600 Kriegsgefangene heimkehren. Als der Kontraredner Reimann zu sprechen beginnt, verlässt die SPÖ-Fraktion – mit Ausnahme des Berichterstatters und Jochmanns – geschlossen den Saal. Reimann konstatiert einen engen Zusammenhang zwischen den OFG-Novellen und dem Komplex der NS-Gesetzgebung, weil es in beiden Fällen um Menschen gehe, die wegen ihrer politischen Gesinnung Unrecht erdulden mussten. Das Leid sei unteilbar. Er verwehrt sich gegen die Schaffung einer „Opferkette“ (S. 412), d.h. gegen die Schaffung neuer Opfer des Faschismus. In der Vorwoche habe man Volksdeutschen eine Rente mit der Begründung verwehrt, dass sie Ausländer seien, aber jetzt werde die Haftentschädigung auch für Ausländer beschlossen. Er kritisiert, dass die Alliierten, denen die 7. OFG-Novelle gemeinsam mit der Spätheimkehreramnestie vorgelegt worden ist, die Zustimmung zur Amnestie an eine Erweiterung des OFG gekoppelt haben. Mit der 8. Novelle habe man sich nun vor den Alliierten gebeugt. Seine Fraktion sei aus rechtlichen, ökonomischen und moralischen Gründen gegen diese Ausweitung des OFG. Abg. Hermann Rainer (ÖVP) spricht Reimann das Recht ab, von politischer Verfolgung zu sprechen. Er nimmt – wie zuvor Reimann – für sich in Anspruch, auf jener Seite zu stehen, die keine Hassgefühle schürt. Sowohl die OFG-Novelle wie auch der Entschließungsantrag des Ausschusses werden beschlossen.