Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Protokoll


Zu Gesetz: BGBl Nr. 99/1959
Zu Ausschussbericht:Bericht des Finanz- und Budgetausschusses
Nachweis:GP VIII, SNr. 84
Datum:18.03.1959
Protokoll im Original

S. 4090ff. Der Gesetzesentwurf wird gemeinsam mit dem Entwurf zur Novellierung des Besatzungsschädengesetzes debattiert. Abg. Helfried Pfeifer (FPÖ) betont, die Novellierung des Gesetzes stelle „kaum eine meritorische Verbesserung für die Geschädigten“ (S. 4092) dar, sondern bringe hauptsächlich Verschlechterungen. Er kritisiert darüber hinaus, dass in der vorliegenden Novellierung nach dem etwaigen Ableben des Anspruchsberechtigten weiterhin nur jene Angehörige erbberechtigt sind, die mit ihm im Haushalt gelebt haben. Abg. Rudolf Marchner (SPÖ) meint, die vorliegende Novelle beseitige einige Härten des Gesetzes, weitere Reformen seien aber notwendig. So müsse etwa der unterschiedliche Schadensumfang im Besatzungsschäden- und im Kriegs- und Verfolgungssachschädengesetz angeglichen werden. Marchner hält auch fest, dass das von der ÖVP vor den Wahlen 1956 versprochene gesetzliche „Meisterwerk“ nur aus strategischen Gründen in Aussicht gestellt worden, seine Unerfüllbarkeit aber vorauszusehen gewesen sei. Abg. Ernst Fischer (KuL) hält fest, dass in Österreich nach wie vor ein bereits vor drei Jahren geplantes „Gesetz über Wiedergutmachung für alle Opfer von Krieg und Faschismus“ (S. 4098) fehle. Nach Österreich Zurückgekehrte, besonders Angehörige der jüdischen Bevölkerung, haben immer noch keine angemessene Entschädigung erhalten, während Massenmörder nach kurzer Zeit amnestiert würden. Er kritisiert auch, dass die Vertreter der Geschädigten für die Novellierung dieses Gesetzes nicht zur Mitwirkung herangezogen worden seien. Fischer bringt einen Entschließungsantrag ein, mit dem die Bundesregierung aufgefordert werden soll, mit Vertretern der Bombengeschädigten und der politisch und rassisch Verfolgten zusammenzutreffen, um ein echtes Wiedergutmachungsgesetz in Angriff zu nehmen. Der Antrag wird nicht genügend unterstützt. Abg. Hans Sebinger (ÖVP) betont, die Entschädigungsgesetze seien nur der Anfang, und weist Pfeifers Kritik zurück. Der Gesetzesentwurf wird mit Mehrheit angenommen.