Materialien zum Nationalsozialismus
Vermögensentzug, Rückstellung und Entschädigung in Österreich

Arisierungsakten (Nordburgenland und Südburgenland)

Das Burgenland wurde 1938 auf die Gaue NiederdonauNiederdonau war jene NS-Verwaltungseinheit, die das heutige Bundesland Niederösterreich sowie das nördliche Burgenland (Bezirke Neusiedl, Eisenstadt, Mattersburg und Oberpullendorf) sowie ab 1939 die Bezirke Südmährens (Nikolsburg, Znaim und Neubistritz) umfasste. und Steiermark aufgeteilt (vgl. RGBl I 1938, S. 1333). Dem GauDer Gau war territoriales Gliederungselement der NSDAP. Gauleiter, also Inhaber eines Parteiamts, waren oft auch Reichsstatthalter und damit Inhaber eines staatlichen Amts. Niederdonau wurden die heutigen Bezirke Neusiedl am See, Eisenstadt, Eisenstadt Umgebung, Rust, Mattersburg und Oberpullendorf, dem Gau Steiermark die heutigen Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf angeschlossen. Teile der Arisierungsakten wurden daher zuerst in den dort zuständigen Stellen angelegt. Nach 1945 und der Wiedererrichtung des Bundeslands Burgenland wurden die das Burgenland betreffenden Akten dem Burgenländischen Landesarchiv übergeben. Der Bestand teilt sich daher in die "Arisierungsakten des nördlichen Burgenlands" (Kartons 1–68) und die "Arisierungsakten des südlichen Burgenlands" (Kartons 69–83). Der Inhalt des Bestands ist sehr uneinheitlich. Im Wesentlichen umfassen die Akten Schriftstücke, die in der VermögensverkehrsstelleDie im Mai 1938 eingerichtete Vermögensverkehrsstelle (VVSt) sollte die kontrollierte und legale "Entjudung" der österreichischen Wirtschaft in die Wege leiten und weitere "wilde" Arisierungen vereiteln (vgl. GBlÖ Nr. 139/1938). Die VVSt war eine der zentralen Institutionen zur Durchführung des systematischen Vermögensentzugs im NS-System. Arisierungen durften ab Mai 1938 nur mehr mit ihrer Genehmigung durchgeführt werden. Ihr Leiter war der Staatskommissar in der Privatwirtschaft Walter Rafelsberger. eingelangt sind oder von ihr ausgingen. In einigen Akten finden sich außer einem Formular, das der Anlegung des Akts zum vermeintlich jüdischen Firmen- oder Immobilienbesitzer diente, keine weiteren Schriftstücke. Andere wiederum enthalten umfangreiches Schriftgut.
In den Akten finden sich u.a.:
- allgemeiner Schriftverkehr mit Behörden, kommissarischen VerwalternDie kommissarische Verwaltung ist die Zwangsverwaltung eines Betriebs zwischen 1938 und 1945 durch einen kommissarischen Verwalter., Abwicklern, Kaufwerbern, Eigentümern
- Aktennotizen
- Anfragen an die GestapoGeheime Staatspolizei, an Kreisbehörden, an Gemeindeämter, an Stellen der NSDAPNationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, an die Gendarmerie
- Ansuchen um Firmenübernahmen
- Beurteilungen von Anwärtern auf Firmenübernahmen
- Beurteilung von Kaufwerbern
- Abrechnungen der kommissarischen Verwalter
- Abrechnungen der Abwickler
- Schätzgutachten zu Immobilien und Betrieben
- Warenbestandsaufnahmen
- Einnahmen- und Ausgabenrechnungen von Betrieben
- Bilanzen
- Forderungen von Gläubigerfirmen und Finanzämtern
- Berichte von kommissarischen Verwaltern
- Abschriften aus dem Grundbuch
- Versteigerungsedikte
- VermögensanmeldungenJuden im Sinne der Nürnberger (Rasse-)Gesetze wurden durch die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden nach dem Stand vom 27. April 1938 (vgl. RGBl I 1938, S. 414) verpflichtet, ihr Vermögen – sofern es einen Wert von RM 5.000 überstieg – vor den NS-Behörden durch die Abgabe einer Vermögensanmeldung offenzulegen. Die Vermögensanmeldungen (VA) bilden eine der wichtigsten Grundlagen für den Vermögensentzug durch das NS-System und sind daher auch heute eine zentrale Quelle für Recherchen in diesem Bereich. (vgl. RGBl I 1938, S. 414) (Karton 67 enthält praktisch nur Vermögensanmeldungen aus den Nordburgenland)
- diverse Listen jüdischer Immobilieneigentümer
- diverse Listen jüdischer Betriebseigentümer
- Dokumente der Rückstellungskommission
Formal gehört der Bestand zum "Forschungsarchiv" des Burgenländischen Landesarchivs. Er ist nicht vollständig. Vereinzelt finden sich Akten noch im NÖLANiederösterreichisches Landesarchiv (vgl. Niederösterreichisches Landesarchiv (NÖLA)) und im StLASteiermärkisches Landesarchiv (vgl. Steiermärkisches Landesarchiv (StLA)) (z.B. Vermögensanmeldungen).

Standort:Burgenländisches Landesarchiv (BLA)
Provenienz:VVStVermögensverkehrsstelle Wien und VVSt Graz
Träger:Flachware/Original
Umfang:83 Kartons
Zeitraum: 1938–1945
Ordnung:numerisch
Details zur Ordnung:Ordnung nach Aktenzahlen

Hilfsmittel für die Suche im Bestand (Findbehelf):


Ansprechperson(en):